Sonntag, 23. Mai 2010
Die Grausamkeit des Tragischen
Unverhofft kommt oft. Grausame und tragische Ereignisse werden uns täglich in den Nachrichten konfrontativ serviert. So sind wir inzwischen gegen vielerlei des dort Gezeigten nahezu immun. Widerfährt einem dererlei im realen Leben direkt vor der eigenen Nase, verhält sich das Ganze grundlegend anders. Prompt ist man direkt ins Geschehen involviert, es geht einem bis durchs Mark.

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Pfingsten. Die Sonne traut sich nach langer Abstinenz wieder hervor und bräunt/rötet die Haut, wenn man sich ihr zu lange aussetzt. Eifrige Athleten flitzen über die Tartanbahn, bohren ihre Speere in den saftigen grünen Rasen oder suhlen sich im gelben Sand. Eltern, Betreuer und weitere Athleten hocken auf den Tribünen und verfolgen das aufregende Treiben. Einige Bäume spenden einen angenehmen Schatten, so daß man es gerne in der Natur aushält. Schattenbräune ist zudem eh viel gesünder. Vereinzelt zwitschern Vögel, ab und an rattert ein Auto auf dem Kopfsteinpflaster vorbei.

Inmitten dieser trügerischen Ruhe erhallt plötzlich ein Scheppern, vermutlich vom großen Eisentor. Wenig später gibt es einen merkwürdig dumpfes Geräusch. Einige Köpfe drehen sich in diese Richtung. Ein kleines Kind fängt aus voller Kehle an mit Schreien. Die ersten umliegend Sitzenden erheben sich und eilen in Richtung der Geräusche. Ein älterer Mann stimmt ins Geschrei des Jungen ein, nein, er übertönt ihn und den gesamten Sportplatz: er ruft nach einem Arzt.

Es vergehen nur wenige Augenblicke und es hasten einige Helfer mit Verbandsmaterial, Decke und dergleichen über das Gelände bishin zum Eisentor. Das große Eisentor ist von ebenso hohen Mauern umgeben, die den Weg ins Stadion weisen. Die schattigen Tribünen schließen mit diesen Mauern ab, eine steinerne Treppe führt nach unten. Aufgelöst wimmert der Junge. Er ist allerdings unverletzt. Sein mutmaßlicher Vater schien ihn photographieren zu wollen und bewegte sich dazu auf der Mauer, rutschte letztendlich unglücklich ab.

Einige Minuten später kommt der Krankenwagen an. Die Rettungssanitäter hieven den inzwischen am Kopf fast völlig einbandagierten Mann auf die Trage. Aus dem Gemurmel der Zuschauer und Athleten dringt später eine Version hervor: Schädelbasisbruch, gebrochenes Handgelenk, weitere innerliche Verletzungen sind sehr wahrscheinlich.

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Beinahe ohnmächtig starren viele auf die Blutlache, auf den merkwürdig blutig aussehenden Schädel. Einige verlieren augenblicklich ihre Gesichtsfarbe völlig und ziehen es vor, sich zur Sicherheit hinzulegen, ehe der Kreislauf es verselbstständig.

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